Warum Abkürzungen in der Medizin so schädlich sind

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Der Chefarzt lauschte

Der Chefarzt lauschte in der Frühbesprechung dem Bericht des Dienstarztes („AvD“) über die Ereignisse der letzten Nacht.

Er stutzte und unterbrach, sichtlich genervt:

„Können Sie bitte den anwesenden Kollegen erklären, was ein GZGG ist?“

Aha.
Es ging in der Nacht also um ein schmerzendes Großzehengrundgelenk.

Das Wort ist lang und sperrig. Aber macht es die Kommunikation wirklich einfacher, wenn wir es abkürzen?

Wenn wir eine Sprache entwickeln, die nur Insidern bekannt ist? Die jeden neuen Kollegen, der in die Abteilung kommt, erst mal unwissend und dumm erscheinen lässt?

Der Chirurg in der PSB

Wenn der Chirurg einen Brief aus der Psychiatrie bekommt, kann er lange rätseln, was eine „PSB“ ist (psychosoziale Beratungsstelle). Und dass es sich bei „Weißem“ um Kokain, bei „Braunem“ dagegen um Heroin handelt, überfordert dann auch schon die ersten Psychiater, denn es gehört zum Spezialwissen der Sucht-Abteilung der Klinik.

Da spricht es auch schon Bände, wie lange die Liste im DocCheck-Flexikon unter „medizinische Abkürzungen“ ist.

Von A bis Z

Ein großes „A“ kann also als Abkürzung elf verschiedene Bedeutungen haben.

Verwechseln Sie bitte nicht die AAppO mit der ÄAppO.

Wegen Problemen mit dem „ABS“ müssen Sie nicht zwingend in die Autowerkstatt.

Die „ADPKD“ ist keine verbotene Partei und eine „DVD“ lässt sich nicht immer abspielen.

Ein „NSCLC“ will man nicht haben.

Dann lieber ganz viel “GOLD“? Nein, eher nicht.

Immerhin kann ich mich hoffentlich als „n“ bezeichnen, auch wenn mir nach dem vielen Schreiben ein „PIP“ etwas schmerzt. Aber das geht „ps“ auch wieder vorbei.

Selbst vor dem „Y“ machen wir nicht Halt und kreieren ein YAC und ein YF.

Wie gut, dass ich bei „Z.n.“ dann „zN“ etwas einnehmen kann. 

Elon Musk gingen die Akronyme in seiner Firma SpaceX offenbar auch gehörig auf den Wecker. Oder verstand er auch nicht mehr, worüber seine eigenen Mitarbeiter sprachen?

Eine seiner bekanntesten E-Mails an die Belegschaft lautete:

Akronyme sind echt bescheuert

(„Seriously Suck“)

"Es gibt eine zunehmende Tendenz, bei SpaceX erfundene Akronyme zu verwenden.
Ein übermäßiger Gebrauch von erfundenen Akronymen stellt ein erhebliches Hindernis für die Kommunikation dar und es ist unglaublich wichtig, die Kommunikation aufrechtzuerhalten, wenn wir wachsen.
Einzeln betrachtet mögen ein paar Akronyme hier und da nicht so schlimm erscheinen.
Aber wenn tausend Leute diese erfinden, wird das Ergebnis über die Zeit ein riesiges Glossar sein, das wir an neue Mitarbeiter herausgeben müssen.
Niemand kann sich tatsächlich all diese Akronyme merken, und Leute möchten in einem Meeting nicht dumm erscheinen, also sitzen sie einfach in Unwissenheit da. Dies ist besonders schwer für neue Mitarbeiter.“

Man kann über Elon Musk denken, was man will. Aber hier hat der Mann einfach nur recht.

Muss bald jedes Krankenhaus ein Lexikon drucken, was jedem neuen Kollegen in die Hand gedrückt und jedem Entlassbrief beigelegt wird?

Oder besinnen wir uns wieder auf eine verbindende, statt eine uns trennende Kommunikation.

Einladung zum Ausprobieren

Merken Sie überhaupt noch, wie oft Sie Akronyme verwenden? 

Wie oft Kollegen ungewollt vielleicht nicht wissen, worüber Sie gerade reden? 

Probieren Sie es aus: Achten Sie bewusst auf Ihre Sprache und wie Sie ungewollt trennenden, statt verbindende Sprache verwenden. 



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